Die Festspiele in Bergen haben ihren Ursprung in der klassischen tausendjährigen europäischen Kulturtradition. Sie haben eine wichtige bewahrende Funktion und ein großes Erbe zu verwalten. Zugleich sollen sie Mut zeigen, Konventionen herauszufordern. Ebenso wichtig wie die Tradition zu bewahren und dieses Kulturerbe an neue Generationen weiterzugeben, ist es, das Etablierte zu hinterfragen und Raum und Möglichkeiten für neue künstlerische Positionen zu schaffen. Die Doppelrolle als Träger der Tradition und als Neuerer definiert den künstlerischen Auftrag, und das Programm der Festspiele soll die Mannigfaltigkeit von Kunst und Kultur zum Vorschein bringen und zum Nachdenken anregen.
Händels Xerxes - Regie Stefan Herheim
Die Festspiele werden am 23. Mai mit der Aufführung von Händels Oper und Liebesdrama «Xerxes» unter der Leitung des deutschen Regisseurs Stefan Herheim eröffnet. Er gilt als einer der bedeutendsten und innovativsten Opernregisseure unserer Zeit. Herheim hat mit seinen analytischen Fähigkeiten, seiner kreativen Phantasie und tiefen Musikalität bahnbrechende Aufführungen geschaffen, die auch ein breites Publikum erreichen.
Der Direktor der Festspiele, Per Boye Hansen, der dies Jahr zum letzten Mal die Leitung der Festspiele übernimmt, freut sich ebenfalls über die Zusammenarbeit mit dem Regisseur und der Komischen Oper in Berlin, wo die Inszenierung am 13. Mai Premiere hat. Die Vorstellung wird zusammen mit der Neuen Oper der Stadt Bergen präsentiert. Den Posten des Direktors wird im nächsten Jahr der Däne Anders Beyer übernehmen.
Titelfigur der Oper «Xerxes» ist der berühmte persische König. Die Oper handelt jedoch nicht von Krieg und großer Politik, stattdessen gibt uns Händel ein typisches barockes Liebesdrama mit Verkleidungen, Verwicklungen, mit Begierde und Spiel. «Xerxes» ist eines von Händels farbigsten und dramatischsten Werken, das uns Menschen in extremen Situationen zeigt. Wenigen Komponisten gelingt es wie ihm, eine Musik zu schaffen, die Machtsucht, Begierde und Eifersucht aber auch Liebe, Sehnsucht und Trauer ausdrückt, meint der Direktor der Festspiele.
Weltpremiere von Berthold Brechts «Fatzer»
Ebenfalls während der Festspiele zu sehen ist die Weltpremiere der zum ersten Mal vollendeten Version von Berthold Brechts «Fatzer». Brecht hinterließ fast 500 Seiten mit szenischen Entwürfen, Chorpartien und Texten, die davon handeln, wie die Gier nach individuellem Genuss das gemeinsame Handeln und die Solidarität bedroht. Die Geschichte – oder besser die Geschichten vom «Untergang des Egoisten Fatzer» spielen gegen Ende des ersten Weltkrieges. Angeführt von dem charismatischen Johann Fatzer ist eine Gruppe Soldaten desertiert, um der verzweifelten und aussichtslosen Lage an der Front zu entfliehen. In ihrem engen Versteck warten die vogelfreien Soldaten auf eine sozialistische Revolution, die jedoch niemals kommen wird. Das Warten wird zu einem Kampf ums Überleben.
«Dies ist eine der brutalsten und kraftvollsten Skizzen Bertolt Brechts, geschaffen in einer Zeit des existenziellen Konfliktes zwischen politischer Verpflichtung und individueller Selbstrealisierung, zwischen Genuss und Verantwortung, Sexualität und Solidarität. Das Stück von Brecht lässt sich auch als Diagnose der Fronten verwenden, die das Ende der „Postmoderne“ prägen», meint Tore Vagn Lid, Regisseur und künstlerischer Leiter des Transittheaters Bergen. Lid weckte internationale Aufmerksamkeit mit seiner Inszenierung von Brechts «Die Maßnahme» bei den Festspielen 2007.
Weitere Höhepunkte des Festivals sind die Konzerte mit Truls Mørk und Leif Ove Andsnes. Mit dem NDR Radio Orchester spielt der Cellist Truls Mørk Werke von Tschaikowsky. Der Pianist Leif Ove Andsnes spielt zusammen mit dem Mahler Chamber Orchestra die Klavierkonzerte Nr. 1 und 3 von Beethoven.
Weitere Informationen und das offizielle Programm der Festspiele finden Sie hier: http://www.fib.no/de/
Quelle: Pressetext