Sechs renommierte Künstlerinnen und Künstler aus Norwegen setzen sich mit sechs der wichtigsten Dramen Henrik Ibsens auseinander. Ihre Werke sind vom 18. Mai bis zum 23. Juni im Felleshus der Nordischen Botschaften zu sehen.
IBSEN ART 2006
Ausstellung im Felleshus der Nordischen Botschaften in Berlin
18. Mai – 23. Juni 2006
Ibsen als Generator lautet eine der Überschriften des norwegischen Nationalkomitees für das Ibsen-Jahr 2006. Welchen Einfluss übte er mit seinem Werk - außer dem auf die gesellschaftliche und politische Entwicklung - auf andere Kunstarten aus? Inwieweit haben seine Dramen andere Künstler beeinflusst?
Anlässlich des einhundertsten Todesjahres von Henrik Ibsen 2006 hat der norwegische Verleger Trond B. Olsen die Initiative zu einem besonderen Kunstprojekt ergriffen. Es ist ihm gelungen, sechs rennomierte Künstlerinnen und Künstler aus Norwegen dafür zu gewinnen, sich auf das Experiment einzulassen, ihr Bild von den wichtigsten Dramen Henrik Ibsens künstlerisch umzusetzen. Jeder Künstler interpretiert ein anderes, vom Initiator vorgeschlagenes Werk, das ihn dann für Monate begleitet hat - sei es als Buch oder Hörbuch. Mit Ausnahme von Thomas Knarvik handelt es sich um Künstlerinnen und Künstler, die in den 1970er und 1980er Jahren erstmals auf sich aufmerksam machten: Hanne Christiansen (Peer Gynt) | Therese Nortvedt (Nora oder Ein Puppenheim) | Tore Hansen (Ein Volksfeind) | Bjørn Carlsen (Die Wildente) | Ulf Nilsen (Die Frau vom Meer) | Thomas Knarvik (Hedda Gabler). (Mehr Information über die Künstler finden Sie unterstehend) Die Methode, sich den Stücken zu nähern, ist unterschiedlich, und die Künstlerinnen und Künstler stoßen mit ihren Arbeiten neue Türen auf und ermöglichen dem Betrachter, die Sicht auf Ibsens Figuren zu vertiefen und neue Aspekte zu entdecken. Die Arbeiten sind auch konkrete Beispiele für die visuell künstlerische Umsetzung der Themen Gesellschaft und menschliche Existenz aus der Literatur. Die Ausstellung IBSEN ART 2006 umfasst 21 Gemälde und 16 graphische Blätter (Lithographie und Holzschnitt). Eine Graphikmappe mit Katalogbuch erscheint in einer limitierten Auflage. Das bebilderte Katalogbuch mit Texten auf Norwegisch und Englisch kostet € 25,-.
An vielen Abenden wird die Ausstellung als Kulisse für die Aufführungen des Theaterprojektes IBSEN 2006 EN FOLKEFIENDE | EIN VOLKSFEIND unter der Regie von Frank Alva Buecheler dienen. Das gesamte nordische Gemeinschaftshaus mit seiner modernen und offenen Architektur wird dann zur Bühne. Die Premiere ist am 21. Mai, und zunächst sind Aufführungen im Mai, Juni und September geplant. Termine und Karten-Info unter Telefon 030-50 50 0 und norwegen.no
Die Ausstellung IBSEN ART 2006 wurde bereits in Oslo und London gezeigt. Nach weiteren Stationen in Norwegen geht sie nach New York, Seattle und Houston.
IBSEN ART 2006
Felleshus der Nordischen Botschaften
Rauchstr. 1
Berlin-Tiergarten
Mo-Fr 10-19 Uhr | Sa-So 11-16 Uhr
Der Eintritt ist frei.

Hanne Christiansen "Peer Gynt" (Holzschnitt)
Copyright: ART PRO A/S

Tore Hansen - Ein Volksfeind (Holzschnitt)
Copyright: ART PRO A/S

Thomas Knarvik - Hedda Gabler I (Lithographie)
Copyright: ART PRO A/S
DIE KÜNSTLERINNEN UND KÜNSTLER
BJØRN CARLSEN | Die Wildente
wurde 1945 in Oslo geboren. Er lebt und arbeitet in Asker bei Oslo. Er studierte in den Jahren 1965-75 an der Staatlichen Handwerks- und Kunstindustriefach-hochschule und an der Staatlichen Kunstakademie, zunächst Malerei, dann Graphik. 1980-85 war er Professor an der Kunstakademie in Oslo. Seine Arbeiten sind in wichtigen norwegischen Museen vertreten. In Deutschland nahm er an der Ausstellung „Kunst in Norwegen heute“ in Aachen und an der Ausstellung „Winterland“ in München teil. In Carlsens Bilderwelt steht die Duck-Figur als Symbol für eine kulturelle und geistige Verflachung. Er benutzt sie symbolhaft als Durchgangs-figur in Bildern mit Motiven aus verschiedenen Kulturen für die Globalisierung als eine Invasion in die örtlichen Kulturen durch eine verflachende Massenkultur. Zu seinem Auftrag, sich mit „Die Wildente“ auseinanderzusetzen, sagt er: „Die Themen, die Ibsen beschäftigt, sind allgemeingültig; sie werden heute in soap operas behandelt! Die Form, die Ibsen benutzt, ist dramatisch; er ist ein ‚Meister der Form’. Schnell wurde mir klar, dass das Einzige, das ich versuchen konnte war, die Temperatur in meine Bilder zu übertragen, da hier gewaltige Dinge passieren“.
HANNE CHRISTIANSEN | Peer Gynt
wurde 1948 in Norwegen geboren. Ihre Arbeiten sind von der Malerkultur, die an den norwegischen Akademien der 1970er Jahre gelehrt wurde, beeinflusst. Die Span-nung in ihren Bildern entsteht oft durch die Relation zwischen den Figuren und der Art der Ausarbeitung der restlichen Fläche. Als sie ihre Zusage für diese Ausstellung gegeben hatte, hoffte sie auf ein „dunkles, mystisches, tragisches Stück“. Als ihr „Peer Gynt“ zugeteilt wurde, war sie zunächst ratlos: „diese lächerliche, schreckliche Figur“, bis seine Einsamkeit und Sehnsüchte ihr Einfallswinkel zu diesem Drama wurde. Die bedingungslose Liebe Solveigs zu Peer ist auch eines der Themen in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit Peer Gynt. Sie sagt: „ Diese ganz und gar bedingungslose Liebe hat mich sehr beschäftigt. Sie macht Solveig unwirklich und bar jeder Erotik. Die Grüngekleidete dagegen, die Troll und Fantasie ist, wird mit ihrer ausgesprochenen Erotik und ihrer Wut wirklich. Der Kontrast zwischen diesen Frauen zeigte den Weg zu weiteren Deutungen.“
TORE HANSEN | Ein Volksfeind
wurde 1949 in Grue/Finnskogen geboren, wo er auch heute lebt und arbeitet. Er studierte 1967-71 an der Staatlichen Handwerks- und Kunstindustriefachhochschule und 1973-75 u. 1976-79 an der Staatlichen Kunstakademie in Oslo. Er beschäftigte sich mit Werbung, Illustration und Buchkunst. Thema seiner Arbeiten sind oft die Landschaft sowie die Legenden und die Erzählertradition seiner Heimat, Finnskogen. Seine Malerei widerspiegelt die langjährige Beschäftigung mit graphischen Techni-ken und seine Vorliebe für das Aufeinandertreffen von Schwarz und Weiß. Im Katalogbuch schreibt Tore Hansen über seinen Beitrag: „Einige Hauptthemen blieben: die Naivität und Selbstbezogenheit, die Einsamkeit und exponierte Lage von demjenigen, der heraustritt, und die Gegensätze zwischen dem Einzelnen und der satten Majorität. Der Einzelne wurde zum Träumer, allein in seiner eigenen Landschaft, die Vielen zu Steinen in einer bewegungslosen Trockenmauer.“
THOMAS KNARVIK | Hedda Gabler
wurde 1969 geboren. Er studierte 1997-2001 an der Staatlichen Kunstakademie und 1989-90 an der Istituto per L’arte e il restauro in Florenz. Knarvik ist nicht nur ein Künstler mit einem breit gefächerten technischen Register, auch intellektuell ist er offen für sowohl historisch fundierte Reflektionen über die Kunst als auch neuere Kunsttheorie. Zu seiner Auseinandersetzung mit Hedda Gabler sagt er: „Hedda offenbart sich als ein leidenschaftlicher Mensch, dem allzu spät im Leben klar wird, dass eine Wahl weit endlicher ist, als sie es sich wünscht. Den meisten Menschen wird diese Weisheit zu einem Zeitpunkt im Leben bewusst, wenn man auf die eine oder andere Art damit leben kann. Es war natürlich, die bereits geklärten Phasen in Heddas Leben aufzugreifen, um eine Illustration von Abschnitten des Dramas zu vermeiden. Hedda verkörpert die Durchschnittsfrau, und sie wird deshalb immer tagesaktuell bleiben.“
ULF NILSEN | Die Frau vom Meer
wurde 1950 in Trondheim geboren. Er lebt und arbeitet in Oslo und Asker. Er studierte 1973-78 an der Staatlichen Kunstakademie in Oslo. Im Katalogbuch schreibt Ulf Nilsen über seinen Beitrag zur Ausstellung IBSEN ART 2006: „Als der Auftrag an mich herangetragen wurde ‚Die Frau vom Meer’ visuell umzusetzen, schien es mir ganz natürlich, mich ausgerechnet mit diesem Werk auseinanderzusetzen. Seit Langem beschäftige ich mich als Künstler mit dem Verhältnis des Menschen zum Meer, weil das Meer eine Metapher für die Tiefe im Inneren des Menschen ist. Ibsen benutzt diese Metapher im ‚Die Frau vom Meer’.“
THERESE NORTVEDT | Nora. Ein Puppenheim
wurde in Oslo geboren. Sie lebt und arbeitet in London und Oslo und studierte 1974-76 an der Kunstakademie in Trondheim, 1976-77 an der Staatlichen Kunstakademie in Oslo, 1977-78 an der Central School of Art and Design in London, 1978-79 an dem English National Opera Theatre, Design, in London und 1979-81 an der Staatlichen Kunstakademie in Oslo. Sie machte in den 1970er Jahren im Umfeld der Kunstfachhochschule in Trondheim auf sich aufmerksam – zunächst mit graphischen Arbeiten. Nach Studienaufenthalten in London und Oslo lebte sie einige Zeit in New York. Seit 1980 widmet sie sich hauptsächlich der Malerei, aber die beiden graphi-schen Arbeiten in der Ausstellung IBSEN ART 2006 sind auch charakteristisch für ihr aktuelles Werk. Neben der Kunst gilt ihr Interesse dem Theater, vor allem der Be-deutung der Kostüme am Theater, was sich auch in ihrem Werk widerspiegelt.
Die Zitate wurden dem Katalogbuch zur Ausstellung entnommen und von der norwegischen Botschaft ins Deutsche übertragen.